Ein Unfall, eine Krankheit und plötzlich ist alles anders; so wie bei Edmund, der nach einer Schussverletzung beinahe seinen landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr hätte bewirtschaften können, oder Alex, der nach einem Arbeitsunfall nicht mehr die Schaufel seines Radladers betätigen konnte, oder Thorsten, der jetzt seinen Gabelstapler mit dem Oberschenkel steuert. Auch Heinz kann dank Trittstufe nun seine Kehrmaschine bis ins Rentenalter steuern. Ein Handicap muss nicht gleich das Aus für den angestammten Arbeitsplatz bedeuten. Oft gibt es Möglichkeiten zur Reintegration, um eine Perspektive zu bieten und wichtiges Knowhow und Erfahrungen in der Firma zu halten.
Der Weg zur Arbeit, Wege auf der Arbeit, seien es längere Strecken, die im Betrieb zurückgelegt werden müssen oder das Führen von Maschinen und Transportfahrzeugen während der Arbeitszeit: Mobilität prägt die gesamte Arbeitswelt. Doch was passiert, wenn ein Unfall passiert? Gibt es Möglichkeiten zur Reintegration am Arbeitsplatz? „Der Bedarf steigt“, weiß Daniel Weber, der als Mobilitätsberater bei Paravan auf solche Fälle spezialisiert ist. „Und Impulse/Perspektiven für eine mögliche Reintegration ins Arbeitsleben sollten bereits in der Klinik beziehungsweise beim Reha-Aufenthalt beginnen.“ Anfragen kommen von den Betroffenen selbst, von Unternehmern aber auch direkt von Bau- und Landmaschinenhändlern.
Vielfältige Umbaumöglichkeiten auch an ungewöhnlichen Fahrzeugen
Die Möglichkeiten für einen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben, nach einem Unfall oder bei einem progressiven Krankheitsbild sind vielfältig. Egal ob erfahrene Mitarbeiter im Job gehalten werden sollen oder die Unternehmensnachfolge abgesichert werden muss und die nächste Generation ein Handicap hat. Fahrzeuge und Maschinen können auf ganz vielfältige Krankheitsbilder individuell angepasst werden, egal ob es um den Zugang in das höherliegende Cockpit einer Baumaschine, ein Traktors oder eines LKW geht, beispielsweise durch ein Außenliftsystem für Traktoren oder Radlader. Ist das Steuern nicht mehr möglich, kann das Fahrzeug mit dem digitalen Fahr- und Lenksystem Space Drive ausgestattet werden und dann per Joystick gefahren oder gleich teleoperiert gesteuert werden – egal ob schwere Bau- und Zugmaschinen oder Gabelstapler.
Doch Inklusion am Arbeitsplatz beginnt bereits mit viel kleineren Lösungen, etwa wenn es darum geht, Neuanschaffungen von Maschinen gleich so auszustatten, dass beispielsweise der alternde Arbeitnehmer sie auch in seinen letzten Berufsjahren ohne Probleme nutzen kann, beispielsweise durch eine Trittstufe für einen komfortableren Einstieg, zum Beispiel bei einer Kehrmaschine oder einem Gabelstapler. Auch flexible Rollstuhllösungen – wie der Einsatz eines Elektrorollstuhls mit Stehfunktion – können Arbeitsabläufe vereinfachen beziehungsweise effizienter gestalten. Damit könnten auch Menschen mit Behinderung neue, spannende Arbeitsfelder zugänglich gemacht werden, die diese gar nicht im Blick hatten, bis hin zum Weg zur Arbeit mit einem individuell angepassten, rollstuhltauglichen Fahrzeug.
Gründliche Bedarfsermittlung ist wichtig
An erster Stelle steht die Frage nach der Realisierbarkeit sowie die Bedarfsermittlung. „Damit steht und fällt das Projekt. Es ist wichtig bei allen Beteiligten ein gemeinsames Grundverständnis zu entwickeln und dass die Betroffenen den Sachverhalt aus ihrer Sicht schildern“, sagt Daniel Weber. Ein gutes Verständnis für den Sinn und Zweck des Projektes auf allen Seiten vereinfacht die Genehmigung sowie später auch die Realisierung. Oftmals wissen die Betroffenen gar nicht, was es für Möglichkeiten gibt. „Das ist wichtig für den technischen Berater, der letztendlich mitentscheidet. Projekte zur Reintegration ins Arbeitsleben sind deutlich komplexer als eine Fahrzeug- oder Rollstuhlanpassung“, sagt Daniel Weber. Bei diesen Verfahren gibt es oft viele Beteiligte, die Hand in Hand arbeiten müssen, von den Berufsgenossenschaften, Unfallversicherungen, Deutsche Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit bis hin zum Arbeitgeber.
Die Rückmeldungen zeigen, wie wichtig es ist, in diesem Bereich aufzuklären und Mut zu machen – auf Arbeitgeber- wie auf Arbeitnehmerseite. Unternehmen müssen gegebenenfalls auch bereit sein, zusätzliche Kosten zu übernehmen und gleichzeitig den Vorteil zu erkennen einen Mitarbeiter – wenn auch unter etwas anderen Bedingungen – mit seiner Kompetenz und seinem Erfahrungsschatz langfristig im Unternehmen zu halten. „Die Unternehmen müssen bereit sein, Inklusion auch zu leben“, betont Daniel Weber. „Eine Investition, die sich auszahlen wird.“ Es ist deshalb wichtig, nach dem Eintreten einer körperlichen Einschränkung durch einen Unfall oder eine Krankheit so früh wie möglich Kontakt zu einer der Mitgliedsbetriebe des VFMP aufzunehmen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass alle Möglichkeiten zur Reintegration erkannt und optimal umgesetzt werden. Eine Liste aller VFMP-Mitglieder finden Sie hier.
Zehn Schritte zur Reintegration
- Einschränkung oder Unfall tritt bei einem Mitarbeiter ein
- Informationen einholen, um den Mitarbeiter weiterhin beschäftigen zu können
- Kontakt mit einem Umbaubetrieb aufnehmen
- Terminvereinbarung vor Ort zur technischen Bedarfsanalyse und Machbarkeit
- Antragstellung bei den Kostenträgern
- Kostenermittlung/Angebotserstellung durch einen qualifizierten Umbaubetrieb
- Auftragserteilung und Projektvorbereitung
- Projektrealisierung
- TÜV-Abnahme/TÜV-Gutachten
- Projektübergabe